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Zur Erfolgsgeschichte der naturwissenschaftlichen Forschung in Südtirol

Ulrike Tappeiner

PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG

Wir leben in einer Zeit, in der wissenschaftliche Erkenntnisse und die aus ihnen erwachsenden Technologien unser Leben außerordentlich schnell verändern, aktuell etwa die rasche Entwicklung mehrerer Covid-19-Impfstoffe. Blättern wir etwas zurück, finden wir viele aufregende naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse, wie das 2012 in der Physik nachgewiesene Higgs-Teilchen, oder die Entschlüsselung des Neandertalergenoms und die gleichzeitige genetische Entdeckung einer bis dahin unbekannten ausgestorbenen Menschengruppe, die Denisova-Menschen 2010, womit sich die Sichtweise zur Evolution des modernen Menschen grundlegend verändert hat. Viele bahnbrechenden Erkenntnisse haben großes Potential, unsere gesellschaftlichen Entwicklungen dauerhaft zu beeinflussen. Seien es Vorstöße der Physik, Supraleitung bei Raumtemperatur zu erreichen, und damit Strom verlustfrei fließen zu lassen, die Herstellung embryonaler Stammzellen aus normalen Hautzellen für neuartige Behandlungsmethoden, oder die Entdeckung von molekularbiologischen Techniken zur Genom-Editierung, die das gezielte Verändern des Erbgutes von Lebewesen für medizinische, aber auch züchterische Zwecke ermöglichen.

Allerdings waren die Naturwissenschaften lange das Stiefkind der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die Erforschung von Naturerscheinungen war bis in die Renaissance allein Aufgabe der Naturphilosophie. Wer in einem Labor oder im Freiland experimentierte, also mit den Händen arbeitete, gehörte zur „ars mechanica“ und hatte in der Wissenschaft eigentlich nichts verloren. Forscher waren zwischen 1600 und 1800 meist wohlhabende Männer, die ihre Forschung im privaten Umfeld als die höchste Form der intellektuellen Betätigung (Hötteke et al. 2015) durchführten. Für diese „Männer der Wissenschaft“ (Snyder 2017) war dies keine bezahlte Tätigkeit und niemand wäre auf die Idee gekommen, seine Arbeit zu patentieren (Firestein 2017). Experimentelle Forschung wurde durch zahlreiche Reisen ergänzt, in denen viele neue Arten entdeckt wurden. Bereits in dieser Zeit wurden wissenschaftliche Gesellschaften und Fachzeitschriften gegründet, die die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich machten (Jaeger 2015).

Der Begriff Naturwissenschaftler („scientist“) wurde erst 1933 durch William Whewell als Antwort auf den Dichter S.T. Coleridge, der diese „Männer der Wissenschaft“ als empirische Männer des Experimentierens und nicht als Philosophen der Ideen bezeichnete, erfunden (Firestein 2017). Whewell schlug vor, im Analogon zu „artist“ (Künstler) „scientist“ (Naturwissenschaftler) zu verwenden und ergänzte später, dass der bereits im Deutschen gebräuchliche Begriff „natur-forscher“ mit „natur-poker“ oder „natur-peeper“ im Englischen nicht zu verdauen sei (Whewell 1934).

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts verlagerte sich die naturwissenschaftliche Forschung und Lehre an die Universitäten und entwickelte sich rasant und ressourcenintensiv (Hötteke et al. 2014). Sie wurde professionalisiert, führte zu einem Beruf und zu einer gesellschaftlichen Position. Heute haben sich die Naturwissenschaften aus ihrem Mauerblümchendasein vor 300 Jahren zu den Leitwissenschaften des 21. Jahrhunderts entwickelt, die gleichzeitig stark auf öffentliche und industrielle Forschungsförderung und Netzwerkbildung angewiesen sind.

Und wie schaut die Entwicklung in Südtirol aus? In der Folge wird versucht, (i) kurz die rezente Geschichte der naturwissenschaftlichen Forschung in Südtirol zu beleuchten und (ii) basierend auf einer einfachen Output-Perspektive, die Entwicklung in den letzten 30 Jahren zu charakterisieren.1

DIE ENTWICKLUNG NATURWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG IN SÜDTIROL: AUFBAU VON FORSCHUNGSSTRUKTUREN

Bis Ende des 20. Jahrhunderts fand naturwissenschaftliche Forschung in und für Südtirol vor allem an den umliegenden Universitäten statt. Als erstes nicht-akademisches Forschungsinstitut im historischen Tirol wurde 1874 das „Istituto agrario e stazione sperimentale“ in St. Michael an der Etsch eröffnet (Dalla Via et al. 2012). 102 Jahre später folgte in Südtirol die Gründung des „Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrums Laimburg“. Die Notwendigkeit naturwissenschaftlich-technischen Fachwissens führte in den 1980er und 1990er Jahren in der Landesverwaltung zu eigenen Erhebungen und Aufträgen für Studien (Dalla Via, pers. Mitteilung). Dieser starke Forschungsbezug bedingt bis heute, dass seitens der Landesverwaltung nicht nur ein sehr offener Zugang zu naturwissenschaftlicher Forschung gegeben ist, sondern nach wie vor aktiv an Forschungsfragen in Südtirol mitgearbeitet wird. Ende der 1980er kam mit der Gründung des Naturmuseum Südtirol ein neuer Player ins Spiel, der neben der traditionellen Aufgabe der Sammlung und Ausstellung, auch Forschung betreibt. Auch die Landesagentur für Umwelt führt seit 1996 gemäß ihres gesetzlichen Auftrages Forschung, insbesondere Monitoring- und Kontrolldienste für die öffentliche Gesundheit und den Umweltschutz, durch.

1992 wurde mit der Europäischen Akademie Bozen, heute Eurac Research, das erste Forschungsinstitut in Südtirol gegründet mit dem Anspruch, für und in Südtirol Forschung auf Hochschulniveau durchzuführen. Der Fachbereich „Alpine Umwelt“ wies eine klare naturwissenschaftliche Ausrichtung auf. Fünf Jahre später wurde die Freie Universität Bozen gegründet, die mit den Fakultäten für Informatik und für Naturwissenschaften und Technik (ab 2006) ebenfalls starke Akzente in der naturwissenschaftlichen Forschungswelt Südtirols setzte. Ab den 2000er wurden weitere kleinere auf spezielle Bereiche konzentrierte Forschungsgesellschaften in Südtirol gegründet, die vor allem anwendungsorientierte Forschung im Auftrag von Industrie und Wirtschaft betreiben, wie beispielsweise die Eco Research GmbH (2004) und „Fraunhofer Italia“ (2009). 2020 schließlich erfolgten die ersten Ausgründungen von naturwissenschaftlich-technisch orientierten Spin-offs der Freien Universität Bozen. Damit wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen, das nun Forschung mit marktreifer Anwendung kombiniert.

EINE ANALYSE ANHAND DES FORSCHUNGSOUTPUTS
IN DEN LETZTEN DREI JAHRZEHNTEN

Wissenschaftlicher Fortschritt kann verschiedene Formen annehmen. Sie reichen von der Entdeckung von Phänomenen über die Prüfung von Hypothesen und Theorien bis hin zur Entwicklung oder Anwendung neuer Technologien – heute verbunden mit der zunehmenden Forderung, dass (Natur-)Wissenschaft auch wesentlich zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und Ziele beiträgt. Dem folgend werden viele Indikatoren oder Maßstäbe für den Fortschritt in der Wissenschaft verwendet. Eine vollumfängliche Analyse auch nur für ein „kleines“ Land wie Südtirol ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, der dieser kurze Artikel bei weitem nicht gerecht werden kann.

Mein Ansatz beschränkt sich daher auf zwei klassische Methoden: (i) eine quantitative, bibliometrische Analyse der Veröffentlichungen und (ii) eine qualitative Einschätzung von drei ausgewählten Expertinnen und Experten, die die naturwissenschaftliche Forschung in Südtirol selbst seit mehreren Jahrzehnten mitgestalten.

Veröffentlichungen gelten seit Langem als Maßstab für Wissenschaft und Leistung. Bereits in den Gelehrtengesellschaften im 17. Jahrhundert waren sie ein wichtiger Bestandteil der Professionalisierung der Disziplinen. Auch heute sind Publikationen noch immer ein wichtiges Standardmaß für die Leistung von Wissenschaft und Forschung (siehe z.B. Goldfinch & Yamamoto 2012). Daher wurde für diesen Artikel eine bibliometrische Analyse in der Web of Science (WoS) Datenbank durchgeführt. Die WoS enthält die längste Datenreihe, wogegen beispielsweise die jüngere Scopus-Datenbank nur Zitate ab 1996 enthält. Der Fokus meiner Analyse lag auf den klassischen Naturwissenschaften, wobei Artikel aus den Umwelt- und Ingenieurswissenschaften inkludiert wurden. Ausgeschlossen wurden medizinische Artikel, obwohl viele davon naturwissenschaftliche Methoden verwenden, aber auch die humane Komponente mitberücksichtigen und daher zunehmend unter dem Begriff der Gesundheitswissenschaften subsummiert werden.

Abbildung 1: Naturwissenschaftliche Publikationen aus Südtirol (A) und deren Zitationen (B). Quelle: Web of Science am 30.8.2021. Berücksichtigt wurden die Publikationstypologien: Articles, Review articles, Letters, Books, Patents, Data papers, Editorials. Auswahlkriterium für die Zuordnung zu Südtirol war die Adresse der Autorinnen und Autoren an Südtiroler Forschungsinstitutionen oder der Adresszusatz Bozen oder Bolzano.

Die Wachstumsrate der naturwissenschaftlichen Publikationen ist in Südtirol, wie weltweit, exponentiell. In der ersten Dekade (1970–1980) waren es nur 2 Publikationen, gefolgt von 9 (1981–1990), 32 (1991–2000), 265 (2001–2010) und schließlich 1.763 (2011–2020) (Abb. 1A). Allerdings ist nicht nur die Zahl der Publikationen von Bedeutung, sondern auch, ob diese gelesen und von anderen Autorinnen und Autoren zitiert werden. Die Südtiroler Publikationen wurden bis August 2021 an die 37.000mal zitiert (Abb. 1B). Im Durchschnitt sind dies 17,8 Zitate pro Publikation, wobei das Maximum bei über 700 Zitationen für eine Publikation liegt.

Abbildung 2: Zahl der Förderungen der naturwissenschaftlichen Publikationen aus Südtirol (Quelle: „Web of Science“, 30.8.2021).

In 54 Prozent der internationalen Publikationen wird angegeben, dass sie eine Förderung erhalten haben, wobei der Großteil der Förderungen aus internationalen Quellen stammt (Abb. 2). Leider kann über WoS nur die Anzahl der Förderungen ausgewertet werden, nicht aber die Summen. Trotzdem zeigt das Ergebnis deutlich, dass die Südtiroler Forscherinnen und Forscher internationale Förderungen stark nutzen, ein klares Indiz, dass sie auch sehr gut international vernetzt sind.

Spannend ist auch die Frage, in welchen Disziplinen veröffentlicht wurde und wie sich dies im Laufe der Zeit verändert hat (Abb. 3). Waren es in der ersten Zeit (1970–2000) vor allem die biologischen Bereiche, kamen in der nächsten Dekade weitere Fächer, wie Mathematik, Atmosphären- und Computerwissenschaften dazu. Zwar stehen in der letzten Dekade nach wie vor Ökologie und Umweltwissenschaften an erster Stelle, doch folgen mit sehr knappem Abstand Ingenieurwesen, Computerwissenschaften sowie Wissenschaft und Technologie. Diese Dynamik erklärt sich sehr gut aus Gründung und Wachstum der Forschungsinstitutionen, insbesondere der Europäischen Akademie Bozen (1992) mit ihren naturwissenschaftlichen Schwerpunkten Alpine Umwelt und (ca. 10 Jahre später) Fernerkundung und Erneuerbare Energien, sowie der Freien Universität Bozen (1997), die stärker mit den informatischen und technischen Fächern, aber auch mit den Agrarwissenschaften punktet.

In der Folge stelle ich diesen (typisch naturwissenschaftlichen) quantitativen Aussagen einige qualitative Aussagen dreier Expertinnen und Experten (A, B, C) gegenüber, die ich zu den Stärken und Schwächen und den Chancen der naturwissenschaftlichen Forschung in Südtirol befragt habe. Das Ergebnis wäre einen eigenen Artikel wert, aufgrund des beschränkten Platzes zitiere ich hier nur einige wesentliche Kernaussagen.

„Es ist beeindruckend, wie sich die naturwissenschaftliche Forschung entwickelt hat. Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass Forschende aus Südtiroler Institutionen Leadpartner in internationalen Projekten oder Erstautorinnen und Erstautoren in den höchstrangigen Fachzeitschriften sein würden?“ (B). Herausgestrichen wurde mehrfach, dass die Entwicklung erst durch die Gründung von zwei Zentren der modernen Forschung (Eurac Research und Freie Universität Bozen), an denen auch junge Forscherinnen und Forscher aus Südtirol vor Ort eigene internationale Gruppen aufbauen konnten, möglich wurde, und dies dem heute so oft zitierten „Brain-Drain“ entgegengewirkt hat.

Abbildung 3: Verteilung der naturwissenschaftlichen Publikationen aus Südtirol auf Wissenschaftskategorien, wobei nur die Kategorien, die mindestens 10 Prozent der Publikationen umfassen, dargestellt sind. A = 1974–2020, B: Details für drei Zeitabschnitte (Quelle: „Web of Science“, 30.8.2021).

Als besonders wichtige Pfeiler wurden Projekte zu gesellschaftlich relevanten Themen, wie der globale Wandel, aber auch Smart Cities genannt, die Bedeutung der Einbindung der Südtiroler Forschung in den internationalen Kontext – beispielsweise durch EU-Projekte – und die Wissenschaftskommunikation nicht nur in Bozen, sondern auch in der Peripherie, um damit eine breitere Bevölkerungsschicht von der Bedeutung (naturwissenschaftlicher) Forschung in Südtirol zu überzeugen. Als zukunftsweisendes Projekt wurde das Biodiversitätsmonitoring Südtirol angesprochen, da es ein wichtiges, gesellschaftsrelevantes Thema weltweit und für Südtirol aufgreife. Zudem vernetze es alle Forschungsinstitutionen im Lande, die auf diesem Gebiet tätig sind, sammle Grundlagendaten und überführe diese in nachhaltige Entscheidungsgrundlagen und Fortsetzungsforschungen. Außerdem brauche die Finanzierung ein „politisches Umdenken“(C) bzw. „die Sensibilität der Politik“ (B). Als innovative und visionäre Forschungsstrategie und -infrastruktur wurde terraXcube von Eurac Research am NOI-Techpark in Bozen genannt, welcher „der Forschung unvorstellbare Möglichkeiten eröffnet, sowohl die Klimabedingungen der Zukunft als auch der Vergangenheit zu simulieren“ (B).

Einig sind sich die Expertinnen und Experten, dass sich die naturwissenschaftliche Forschung in Südtirol seit knapp 20 Jahren international kompetitiv entwickelt und etabliert hat. Daher sei es umso wichtiger, sich international stark zu vernetzen (C), aber auch Forschungsgruppen innerhalb Südtirols – auch mit finanziellen Anreizen – dazu zu bewegen, verstärkt an wichtigen Themen gemeinsam und interdisziplinär zu forschen (A, B, C), die „regional wichtig, aber international wenig abgedeckt sind“ (A) und damit „Synergien nutzen, Ressourcen optimal einsetzen und neue Technologien ins Land holen“ (C).

DISKUSSION UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die naturwissenschaftliche Forschung in Südtirol ist noch jung, aber eindeutig eine Erfolgsgeschichte. Bornmann & Mutz (2015) argumentieren in ihrer weltweiten bibliometrischen Analyse, dass die Steigerungsrate von wissenschaftlichen Veröffentlichungen / Zitationen 2015 bei 8–9 Prozent pro Jahr lag, was einer Verdoppelung des weltweiten wissenschaftlichen Outputs etwa alle neun Jahre entspricht. Nimmt man dies als Basis, dann hat sich die naturwissenschaftliche Forschung in Südtirol seit 2000 rasant entwickelt, mit einer Wachstumsrate von 30 Prozent (Zitationen) beziehungsweise 22 Prozent (Publikationen). Dies entspricht einer Verdopplung des wissenschaftlichen Outputs in etwa drei bis vier Jahren. Entscheidend für die so positive Entwicklung waren sicherlich die Etablierung von Eurac Research und der Freien Universität Bozen, deren wachsende Zahl an Forscherinnen und Forschern insgesamt 71 Prozent der Südtiroler Publikationen veröffentlichten, wobei diese 32.000-mal (84 Prozent aller Zitationen) zitiert wurden (Auswertung WoS, 31.8.2021, vgl. Abb. 1).

In naturwissenschaftlichen Fächern wird heute die Forschungsarbeit großteils durch Forschungsgruppen durchgeführt; eine starke internationale Vernetzung, wie sie bei vielen Südtiroler Forschenden vorhanden ist, erhöht die Chancen, in internationalen Autorenteams, die meist sehr hochkarätig publizieren, mitzuwirken. Die strategischen Weichen, die das Land Südtirol in seiner Forschungspolitik gesetzt hat, wie etwa die Förderung von Mobilitätsprojekten, auch im Rahmen der europäischen Marie-Curie-Ausschreibungen (Seal of excellence) oder die Förderung bilateraler Kooperationsprojekte mit Forscherinnen und Forschern in Deutschland, Luxemburg, Österreich, der Schweiz oder innerhalb der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino unterstützen neben klassischen EU-Forschungsförderungsprogrammen diese so notwendige internationale Vernetzung der Forschung eines kleinen Landes wie Südtirol. Alle diese Programme sind sehr kompetitiv und Ansporn für Forscherinnen und Forscher, sich darum zu bewerben. Selbst wenn Anträge nicht finanziert werden, ist es wichtig zu sehen, wo man im internationalen Förderumfeld steht. Durch die meist sehr konstruktiven Kritiken der internationalen Gutachterinnen und Gutachter kann sich die Antragstellung wesentlich verbessern.

Abschließend möchte ich die besondere Problematik der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ansprechen, die nicht nur südtirolspezifisch ist. In der naturwissenschaftlichen und technischen Forschung sind Frauen nach wie vor deutlich in der Minderheit. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist daher gerade in diesen Fächern eine wichtige Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Obwohl es eine Reihe von Ursachen für die eher geringe Präsenz von Frauen in der naturwissenschaftlichen Forschung gibt, spricht B einen wichtigen Punkt an: „Covid-19 hat nochmals verdeutlicht, wie wichtig es in Zukunft sein wird, eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen, die für alle gewährleistet ist (…), damit die von Frauen besetzen Professuren, Institutsleiter- und Direktorenstellen zunehmen und es zu einer reellen Gleichstellung kommt“.



Abstract

This paper considers the importance of natural science in South Tyrol in its historical development and current status through analysis of the scientific output based on the Web of Science database combined with the views of 3 experts, with a deep insight into the research landscape of South Tyrol. 

The results of the bibliometric analysis reveals that the scientific output has increased exponentially in the last 30 years, mainly due to the development of research institutions. South Tyrol’s scientific research is highly internationally visible and acquires many international grants. Moreover, local, and regional interdisciplinary cooperation on important topics allows for greater efficiency and exploits synergies. In conclusion, scientific research in South Tyrol although still young, is a success story. The establishment of Eurac Research and the Free University of Bozen-Bolzano were necessary steps towards this in addition to the solid international networking of researchers and support from competitive research funds. 

LITERATUR

  • Bornmann, Lutz & Mutz, Rüdiger (2015). Growth rates of modern science: A bibliometric analysis based on the number of publications and cited references. In: Journal of the Association for Information Science and Technology 66 (11), pp. 2215–2222. doi: 10.1002/asi.23329.

  • Dalla Via, Josef & Mantinger, Hermann (2012). Die Landwirtschaftliche Forschung im Obstbau Südtirols – Entwicklung und Ausblick. In: Erwerbs-Obstbau 54, pp. 83–115. doi: 10.1007/s10341-012-0171-x.

  • Firestein, Stuart (2017). The Scientist. Abgerufen von https://www.edge.org/response-detail/27114.

  • Goldfinch, Shaun & Yamamoto, Kiyoshi (2012). Prometheus Assessed? Research Measurement, Peer Review, and Citation Analysis. Oxford: Chandos Publishing.

  • Höttecke, Dietmar; Henke, Andreas & Krüger, Janne (2015). Naturwissenschaften im Wandel der Zeit – Konzepte der Wissenschaftsforschung. In: Bernholt, Sascha (Hrsg.). Heterogenität und Diversität – Vielfalt der Voraussetzungen im naturwissenschaftlichen Unterricht. Kiel: Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik, Jahrestagung in Bremen 2014, pp. 2010–2012.

  • Jaeger, Lars (2015). Die Naturwissenschaften: Eine Biographie. Berlin Heidelberg: Springer Spektrum, Springer-Verlag, doi: 10.1007/978-3-662-43400-0.

  • Snyder, Laura J. (2017). „William Whewell”. In: Zalta, Edward N. (Hrsg.). The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Spring 2021 Edition), https://plato.stanford.edu/archives/spr2021/entries/whewell/.

  • Whewell, William (1834). On the Connexion of the Physical Sciences, by Mrs. Somerville. In: Quarterly Review 51, pp. 54–68.


1 Ich bedanke mich bei drei befragten Expertinnen und Experten für ihre persönliche Einschätzung und bei Dr. Josef Dalla Via für den akribisch recherchierten und spannenden Einblick in die historische Entwicklung der Forschung in Südtirol, ohne den der Rückblick bis zum Beginn der 1990er Jahre in dieser Form nicht möglich gewesen wäre.