Vertane Chance: Biologische Landwirtschaft in Südtirol
Das Regierungsprogramm vom 17.01.2019, vereinbart zwischen der SVP und der LEGA Salvini Alto Adige, nimmt Bezug auf die Entwicklung der biologischen Landwirtschaft und bekräftigt, diese Entwicklung unterstützen zu wollen.
Biologische Landwirtschaft im Südtiroler Regierungsprogramm
Die Landwirtschaft wird unterstützt, damit sie den Weg der nachhaltigen Produktion konsequent fortführen kann. Mit Nachdruck wird die biologische Produktion unterstützt. Als Ziel wird für die Bereiche Milch, Obst und Wein die Verdoppelung der Bioflächen bis 2025 im Vergleich zu 2015 festgelegt. (Regierungsprogramm 2018-2023, Seite 53)
Es ist ein ausgesprochen positives Signal, dass die Wichtigkeit der biologischen Landwirtschaft erkannt und dieser ein eigener Absatz im Regierungsprogramm gewidmet wird. Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum das Regierungsprogramm, das im Jänner 2019 ausgearbeitet wird, dabei auf die Datenlage von 2015 zurückgreift.
Biologische Landwirtschaft im Biokonzept des Südtiroler Bauernbundes
Das vom Südtiroler Bauernbund erarbeitete „Biokonzept 2025“ analysiert die Situation der biologischen Landwirtschaft in Südtirol recht ausführlich. Bei der Veröffentlichung der Studie im November 2017 wird als eine von 10 Maßnahmen auch schon die Verdoppelung der Bioflächen bis 2025 im Vergleich zu 2015 angestrebt.
Biologisch bewirtschaftete Flächen (%) in den an Südtirol grenzenden Regionen im Jahr 2016
Für einen Vergleich einiger an Südtirol grenzenden Regionen können die Zahlen aus dem Jahr 2016 als aktuellste Daten herangezogen werden, die für alle Regionen verfügbar sind:
Die Dimension der in Südtirol biologisch bewirtschafteten Flächen unterscheidet sich im Vergleich mit den angrenzenden Regionen Graubünden, Tirol und Salzburg wesentlich, während die Bio-Flächen in Trient nur wenig über dem Südtiroler Wert liegen.
Bio-Landwirtschaft in Südtirol ist Schlusslicht und wird es bei dieser Zielsetzung auch bleiben
Der Vergleich mit den Nachbarländern zeigt, dass Südtirol auf Grundlage der letzten verfügbaren statistischen Zahlen bei einer Verdoppelung seiner biologisch bewirtschafteten Fläche weiter im unteren Feld liegen würde. Bei einer Verdoppelung der biologischen Flächen von 2015 würden im Jahr 2025 6,2% biologisch bewirtschaftet werden, das sind 0,5% mehr, als Trient im Jahr 2016 aufweist. Bei einer Verdoppelung der biologischen Fläche von 2017 wären es 8,9%.
Prognosen für die Entwicklung bis 2025
Es ist zu erwarten, dass aktuelle Daten für das Jahr 2018 (derzeit noch unveröffentlicht) einen weiteren überdurchschnittlichen Anstieg der biologischen Flächen zeigen werden. Die vorsichtige Schätzung der Entwicklung der biologisch bewirtschafteten Flächen in Südtirol in den untenstehenden Darstellungen mit den Daten von 2012-2017 wird sich dadurch voraussichtlich nach oben korrigieren lassen. Es ist anzunehmen, dass die geplante Verdoppelung der Bioflächen vom Jahr 2015 schon früher erreicht sein wird.
Prognose für die Entwicklung der biologisch bewirtschafteten Flächen in Südtirol bis 2025
In den folgenden Grafiken wird die Entwicklung der biologisch bewirtschafteten Obst- und Weinbauflächen, sowie jene der Wiesen und Weiden von 2012 bis 2017 dargestellt. Aus dieser Entwicklung wir durch lineare Extrapolation ein Trend bis 2025 errechnet. Demgegenüber werden die errechneten Flächen bei Verdoppelung der vorliegenden Flächendaten aus dem Jahr 2015 dargestellt.
Fazit: Gewähltes Ziel beschreibt Status quo
Das Ziel, die Bioflächen in Südtirol zu verdoppeln, klingt im ersten Moment ambitioniert. Aufgrund des bereits drei Jahre zurückliegenden Referenzjahres wird leider die Chance vertan, eine wirkliche Steigerung der Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise anzustreben. Die im Regierungsprogramm festgeschriebenen Ziele beschreiben den aktuellen Trend und werden voraussichtlich schon deutlich vor Ablauf der angepeilten 10 Jahre auch ohne weitere Zusatzmaßnahmen erreicht werden. Wird die Verdoppelung der Bioflächen erreicht, dann befindet sich Südtirol da, wo Trient schon heute steht und ist immer noch weit von der Situation in unseren nördlichen Nachbarregionen entfernt.
Autoren: Jutta Staffler und Christian Hoffmann
Foto: Andreas Nebosis
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