04 Dezember 20

Verantwortlich und nachhaltig reisen

Online-Fachtagung der HGJ und des Center for Advanced Studies von Eurac Research - Studie zur Zukunft des Reisens und Keynote von Harry Gatterer

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Wie geht es weiter mit dem Tourismus und welche Erwartungen und Bedürfnisse haben die Gäste der Zukunft? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Online-Fachtagung „Der Tourismus durchlebt einen radikalen Wandel. Perspektiven für die Zeit nach Corona“, welche von der Hoteliers- und Gastwirtejugend (HGJ) und dem Center for Advanced Studies von Eurac Research organisiert wurde. Im Zuge der Fachtagung wurden auch die Ergebnisse der Studie „Wie sieht die Zukunft des Reisens aus?“ vorgestellt.

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HGJ-Eurac Research-Online-Tagung

Der Tourismus durchlebt derzeit einen radikalen Wandel. Die internationalen Ankünfte in Europa sind bis August dieses Jahres um fast 70 Prozent eingebrochen. Die Art und Weise, wie wir Urlaub machen, wie und wohin wir reisen, wird sich in Zukunft maßgeblich verändern. „Bereits vor der Corona-Pandemie konnte man Zeichen des Wandels im Tourismus erkennen. Abgesehen vom Tourismus-Boom weltweit und den zunehmend differenzierten Gästesegmenten wurde vor allem einem Prinzip immer größere Bedeutung beigemessen, nämlich der Nachhaltigkeit“, sagte HGJ-Obmann Hannes Gamper. Das verstärkte Bewusstsein der Menschen für die Umwelt und die hohe Frequenz der Thematik, bedingt durch den Klimawandel, sei deshalb prägend und werde das Verhalten verändern. In dieselbe Kerbe schlug auch Manfred Pinzger, Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV). „Andere Werte und Sehnsüchte werden in den Vordergrund rücken. Was jedoch bleiben wird, ist die Lust zu reisen und die Sehnsucht der Menschen nach einer Auszeit“, betonte er.

Studie zu Zukunft des Reisens vorgestellt

Debatten über die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer sozial-ökologischen Umgestaltung unserer Gesellschaft werden mittlerweile in allen Bereichen und Disziplinen geführt. Die historisch einmalige Situation der Covid-19-Pandemie hat das Center for Advanced Studies von Eurac Research in Zusammenarbeit mit der Hoteliers- und Gastwirtejugend (HGJ) zum Anlass genommen, eine nicht repräsentative Befragung unter den Schülerinnen und Schülern der Landeshotelfachschulen Meran und Bruneck durchzuführen. Ziel war es, zu erfahren, welche Einschätzungen die junge Generation der Tourismusbranche zum Thema Reisen im Jahr 2050 vertritt.

Bei der Online Fachtagung „Der Tourismus durchlebt einen radikalen Wandel. Perspektiven für die Zeit nach Corona“ gaben Harald Pechlaner, Leiter des Center for Advanced Studies, Felix Windegger, Forscher im Bereich der ökologischen Ökonomie sowie Wirtschaftswissenschaftlerin Greta Erschbamer einen ersten Einblick in die genannten Erwartungen, Wünsche und Herausforderungen. Insgesamt 142 Schülerinnen und Schüler zwischen 16 und 23 Jahren haben zwischen dem 25. Mai und 12. Juni an der Befragung teilgenommen. Anhand 49 vorgegebener Statements konnten die Schülerinnen und Schüler eine Bewertung zur Zukunft des Reisens vornehmen und zusätzlich kommentieren. Außerdem waren sie eingeladen, zwei offene Fragen zu beantworten.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein sehr starkes Bewusstsein für Umwelt- und Klimafragen haben und die ökologische Nachhaltigkeit eine noch größere Rolle für die Zukunft des Tourismus spielen wird. Dennoch wollen sie weiterhin die Welt bereisen und neue Orte entdecken", betonte Pechlaner. Es sei daher nicht überraschend, dass die Möglichkeit, umweltfreundlich zu reisen sowohl der meistgenannte Wunsch in Bezug auf den Tourismus im Jahr 2050 war, gleichzeitig aber auch die am öftesten genannte Herausforderung.

Kritisch gegenüber der Automatisierung

Die Studie verdeutlicht, dass ein hoher Anteil der Schülerinnen und Schüler der Automatisierung von Arbeitsschritten durch Roboter und Künstliche Intelligenzen eher ablehnend gegenübersteht. Auch der zunehmende Einsatz digitaler Technologien in Hoteliers- und Gastbetrieben wurde nicht von allen gutgeheißen. Demgegenüber gab ein Großteil der Teilnehmenden an, dass sie auf die persönliche Beziehung zwischen Gast und Gastgebenden besonders großen Wert legen. Menschliche Begegnungen und Beziehungen sollten ihrer Ansicht nach ein noch wichtigeres Element im Tourismus der Zukunft sein.

Soziale Verantwortung und soziale Nachhaltigkeit

Als Reisende im Jahr 2050 zeigen sich die allermeisten interessiert, die lokale Kultur und einheimische Bevölkerung kennenzulernen und zu erleben, wobei verantwortungsvolles Reisen sowie Respekt und Demut vor der bereisten Region und Kultur hervorgehoben wurden. Overtourism und Overcrowding wollen die meisten als Reisende meiden und auf Destinationsebene einschränken. Der Großteil wünscht sich authentische Erfahrungen und Erlebnisse beim Reisen. Viele der Teilnehmenden gaben an, dass die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung und der Mitarbeitenden im Tourismussektor im Jahr 2050 stärker berücksichtigt werden sollten. Soziale Verantwortung und soziale Nachhaltigkeit sollten im Tourismus also noch stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Covid-19-Pandemie sehen die meisten als rein temporären Einflussfaktor auf ihr persönliches Reiseverhalten. Langfristig jedoch vermuten die Befragten, dass die Krise zu einer stärkeren Regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen und zu mehr Urlauben im eigenen Land beitragen wird. Darüber hinaus sehen die meisten der Teilnehmenden in der Covid-19-Pandemie einen Denkanstoß für ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit.

Stellungnahme von Fridays for Future Deutschland

Dass es einen nachhaltigen und entwicklungsfreundlichen Tourismus brauche, forderte Leonie Bremer, Klimaschutzaktivistin und Pressesprecherin von Fridays for Future Deutschland. Sie nahm ebenso an der Online-Fachtagung teil, stellte dabei die Anliegen von Fridays for Future vor und forderte einmal mehr, dass die Politik klimafreundliches Reisen ermöglichen und die nötige Infrastruktur dafür schaffen müsse.

Resonanz: Das neue Zauberwort

Die Corona-Pandemie hat vor Augen geführt, dass Dinge nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Das gelte auch für den Tourismus, ist Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Frankfurt, überzeugt. „Weitermachen wie bisher wäre fatal. Zukunftsrelevant ist die Resonanz. Dabei geht es vor allem darum, mit Menschen in Beziehungen zu treten“, betonte Gatterer auch in einem Interview mit Eurac Research.

Harry Gatterer, Brigitte Zelger vom Hotel „Pfösl“ in Deutschnofen, Johanna Huber vom Hotel Restaurant „Pacher“ in Neustift, Moritz Oberhofer, Schülervertreter der Landeshotelfachschule Bruneck, und Zeno Oberkofler von der Fridays for Future-Bewegung Südtirol waren sich in der abschließenden Diskussionsrunde einig, dass die Corona-Pandemie einen Denkanstoß in Richtung Nachhaltigkeit gegeben hat. In Zukunft gelte es, verstärkt auf die Wünsche und Bedürfnisse der Gäste einzugehen. Es müsse vermehrt auf Qualität gesetzt und die Begegnung zwischen Gastgeber und Gast neu ausgerichtet werden.

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