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Credit: South Tyrol Museum of Archaeology/Eurac Research | Marion Lafogler

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Unser Lebensstil bedroht die Vielfalt in der Darmflora

Ötzi liefert die Bestätigung

Eine Studie, die heute im Fachmagazin „Cell Host & Microbe“ publiziert wurde, untersucht zum ersten Mal die Vielfalt und Evolution des Bakteriums Prevotella copri.

Der menschliche Körper ist von einer Vielzahl von Bakterien besiedelt. Unser Mikrobiom – die Gesamtheit all dieser „fremden“ Mikroorganismen in und auf uns – hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Dass die Hygiene- und Ernährungsgewohnheiten der industrialisierten Gesellschaften mit dem Verlust der bakteriellen Vielfalt in unserem Darm zusammenhängen, bestätigt jetzt eine Studie des Bozner Forschungszentrums Eurac Research und der Universität Trient. Die Forscher konzentrierten sich auf ein Bakterium: Prevotella copri. Es hilft bei der Verarbeitung von komplexen pflanzlichen Nahrungsmitteln und wie die Wissenschaftler entdeckten, ist es bei Gesellschaften mit ursprünglichem Lebensstil in großer Vielfalt noch vorhanden. Dieselbe Vielfalt zeigt sich auch noch bei Ötzis Darmprobe. Bei Menschen mit westlich geprägtem Lebensstil hingegen ist diese Bakterienvielfalt nahezu verschwunden, wie die Studie erstmals zeigt. Dieser Verlust der Vielfalt in unserer Darmflora könnte eine bedeutende Rolle bei komplexen Krankheitsbildern spielen, wie zum Beispiel bei Allergien, Autoimmunerkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen und zunehmendem Übergewicht. Die Studie ist im renommierten Fachmagazin „Cell Host & Microbe“ heute am 10.Oktober veröffentlicht worden.

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Unsere Darmflora ist ein hochsensibles Ökosystem, das aus Milliarden von Mikroorganismen – hauptsächlich Bakterien – besteht. Sie schützen uns vor Viren und Krankheitserregern und helfen uns dabei, Nahrung aufzuspalten und in Energie umzuwandeln. Die Studie der Trientner und Bozner Forscher zeigt, dass Menschen, die sich hauptsächlich von komplexen und pflanzlichen Ballaststoffen ernähren, eine große bakterielle Vielfalt in ihrer Darmflora haben. Diese Vielfalt fanden die Forscher bei Menschen in nicht-westlichen und auch frühgeschichtlichen Gesellschaften, während sie bei Menschen mit westlich geprägtem Lebensstil einen deutlichen Schwund in der Vielfalt bestimmter Darmbakterien feststellten. Die Studie untersucht erstmals das Darmbakterium Prevotella copri, das, wenn vorhanden, meist das vorherrschende Bakterium in der Darmflora ist. Die Forscher analysierten zunächst die DNA von Darmbakterien von über 6.500 Menschen aus allen Kontinenten. „Wir haben entdeckt, dass es vier verschiedene Varianten dieses Bakteriums gibt“, erklärt Nicola Segata von der Universität Trient, der die Studie gemeinsam mit seinem Institutskollegen Adrian Tett koordinierte. „Dann haben wir gesehen, dass stets drei dieser vier Varianten bei Proben aus Ghana und Tanzania vorkommen. Sie stammen von Menschen, die weniger vorprozessierten Lebensmittel zu sich nehmen, sondern vor allem faserige pflanzliche Nahrung. Bei Menschen mit westlichem Lebensstil hingegen war das Bakterium nur sehr selten auffindbar und wenn, dann meist nur eine einzige Variante davon“, führt Segata weiter aus. Dies verleitete die Forscher zu der Annahme, dass der westliche Lebensstil eine große Rolle beim Verlust der Vielfalt dieses Bakteriums spielen müsse. Hier kamen nun die Experten des Instituts für Mumienforschung von Eurac Research ins Spiel. Sie steuerten genetische Analysen antiker DNA bei. Zum einen lieferten sie mit einer bereits entschlüsselten Magenprobe der Gletschermumie Ötzi einen klaren Beweis: Drei der vier Varianten des Prevotella copri konnten die Bozner Forscher deutlich in der Darmflora des Mannes aus dem Eis identifizieren. Außerdem fanden sie alle vier Varianten des Bakteriums in fossilisierten Exkrementen, die aus der Zeit 600 n.Chr. aus einer Höhle von Mexiko stammen. „Durch den Vergleich der antiken DNA-Proben mit modernen Proben konnten wir die Evolutionsgeschichte des Prevotella copri erstmals nachzeichnen und die Vermutung untermauern, dass der westliche Lebensstil – Hygiene, unsere sanitäre Versorgung, die Ernährung durch vorprozessierte Lebensmittel – für den Verlust der bakteriellen Vielfalt im Magenmikrobiom verantwortlich ist“, unterstreicht Frank Maixner, der die Forschungsarbeit von Eurac Research gemeinsam mit Albert Zink koordinierte.

Fossilierte Exkremente (Mexiko)Credit: Eurac Research | Frank Maixner

Welche medizinischen Folgen ein steter Rückgang der Vielfalt unseres Mikrobioms mit sich bringt, muss noch weiter erforscht werden. Vermutet wird ein Zusammenhang mit Mangelerscheinungen, Allergien, Übergewicht, schwachem Immunsystem. „Wie die Evolution des Menschen und die Vielfalt der Mikroorganismen im Darm zusammenhängen, ist ein noch wenig untersuchtes Forschungsfeld. Das Einbeziehen von antiken DNA-Proben wird uns noch viele entscheidende Erkenntnisse bringen“, ist sich Mikrobiologe Maixner sicher. „Deshalb ist auch einer der Schwerpunkte an unserem Institut das Verfeinern von minimal invasiven Techniken und die Analyse von kleinsten Proben, was für die Arbeit mit antikem Probenmaterial fundamental ist.“

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