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Die richtigen Pillen

Im Rahmen der Gesundheitsstudie CHRIS untersucht ein Forschungsprojekt die Wirksamkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck

Peter Werner
© Adobe Stock | Peter Werner
by Valentina Bergonzi

Die Daten der Bevölkerungsstudie CHRIS bilden eine wertvolle Grundlage, um zu erforschen, warum Bluthochdruck-Therapien bei einigen Menschen nicht anschlagen. Das Forschungsteam der Studie HyperProfile arbeitet mit Biomarkern, um die Wirksamkeit bestimmter Medikamente auf einen der biologischen Prozesse zu messen, der den Bluthochdruck steuert. In einem nächsten Schritt sollen diese Daten mit genetischen Merkmalen abgeglichen werden.

Frau Clara ist 82 Jahre alt, und seit sieben Jahren schluckt sie jeden Morgen ihre Blutdrucktabletten zusammen mit dem Milchkaffee. Um genau zu sein, war es anfangs nur eine einzige Pille, aus der dann mit der Zeit drei geworden sind: ein ACE-Hemmer, ein Diuretikum und eine dritte Pille, deren Namen sie immer vergisst. Frau Clara ist sehr gewissenhaft, und die Ärzte sind es auch: Sie führen regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch und passen ihre Therapie jeweils an. Doch ihr Blutdruck will sich nicht beruhigen: Oft liegt der oberste Wert – von den Ärzten systolischer Druck genannt – bei 150, obwohl sie ruhig ist, keinen Kaffee getrunken hat und ihre Medikamente konsequent einnimmt.

Die Geschichte von Frau Clara ist zwar erfunden, sie ist aber keineswegs unrealistisch. Häufig sind bei hohem Blutdruck mangelnde Disziplin bei der Einnahme der Medikamente und ein falscher Lebensstil schuld, aber es gibt auch einen nicht unerheblichen Anteil von Menschen, bei denen Bluthochdruckmedikamente nicht wirken.

„Von den Personen, die an der ersten Phase der CHRIS-Studie teilgenommen haben, waren 1.814 bereits in Behandlung wegen Bluthochdruck. In etwa der Hälfte der Fälle war der Blutdruck jedoch nicht unter Kontrolle“, erklärt die Biologin Luisa Foco, eine der Verantwortlichen der HyperProfile-Studie. „In einigen Fällen kann die medikamentöse Therapie noch besser eingestellt werden, in anderen Fällen können wir von einer echten Resistenz sprechen.“

Bluthochdruck in Zahlen


Der Anteil der CHRIS-Teilnehmerinnen und -teilnehmer mit Bluthochdruck liegt bei etwa 24 Prozent. Ein großer Teil davon brachte zu den Untersuchungen die eigenen Medikamente gegen Bluthochdruck mit. Bei 1.474 Personen (ca. 13 Prozent der CHRIS-Studie insgesamt, davon 60 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen) wurde bei den CHRIS-Untersuchungen zum ersten Mal Bluthochdruck festgestellt (sie wurden an die entsprechenden Fachdienste verwiesen).

In Italien leidet einer von drei Menschen an so genanntem Bluthochdruck, wobei Männer leicht in der Überzahl sind. Diese Zahl wird in Zukunft aufgrund der alternden Bevölkerung steigen: „Mit dem Alter nimmt die Elastizität der Arterienwände ab, was zu einem Anstieg des systolischen Blutdrucks führt“, warnt Dr. Stefano Barolo, Leiter der Ambulanz für arteriellen Bluthochdruck und kardiovaskuläre Risiken und Partner der Studie.

Wird der Bluthochdruck vernachlässigt – was vor allem bei jungen Menschen häufig der Fall ist -, kann dies schwerwiegende Folgen haben. So weist die Europäische Gesellschaft für Hypertonie darauf hin, dass dies das Risiko eines Herzinfarkts, eines Schlaganfalls, eines chronischen Nierenversagens (im Extremfall mit Dialyse) erhöht, aber auch das Risiko einer Demenz und einer Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten.

Es gibt viele Medikamente gegen Bluthochdruck, und sie werden miteinander kombiniert

Es gibt vier Hauptkategorien von Medikamenten, die häufig kombiniert werden: 1) die ACE-Hemmer und die Sartane, kurz ACEi und ARB (die am häufigsten verabreichten Medikamente, die auf einen der Regulierungsprozesse des Blutdrucks einwirken, worauf wir weiter unten näher eingehen) 2) die Beta-Blocker, kurz BB (sie verringern die Herzkraft und verlangsamen den Herzschlag) 3) die Kalziumkanalblocker, kurz CCB (sei bewirken eine Gefäßerweiterung) und 4) die Diuretika.
Eine der zur Zeit am häufigsten verwendeten Kombinationen gegen Bluthochdruck besteht aus einer Dreierkombination: ACE-Hemmer oder Sartane, ein Diuretikum und ein Kalziumkanalblocker. Von den CHRIS-Teilnehmerinnen und -teilnehmern mit Bluthochdruck nehmen etwa 30 Prozent ACE-Hemmer oder Sartane ein und weitere 18,5 Prozent zusätzlich ein Diuretikum. 154 Personen wurde die derzeit am häufigsten verwendete Kombination verschrieben. „Wir sprechen von Menschen, die mindestens drei Tabletten pro Tag einnehmen, und trotz allem haben 87 von ihnen, also mehr als 56 Prozent, immer noch Bluthochdruck“, fährt Luisa Foco fort. „Das sind die Fälle, die uns am meisten interessieren, um ein ernsthaftes Problem zu untersuchen, von dem immer noch zu viele Menschen betroffen sind.“

Biomarker, um herauszufinden, wo die Therapie nicht greift

Um zu verstehen, warum Medikamente den Blutdruck nicht regulieren können, wird in einem ersten Schritt untersucht, was auf molekularer Ebene bei Menschen geschieht, die nicht auf die Therapie ansprechen. Wie der Blutdruck kontrolliert wird, ist vergleichbar mit einem Film, in dem unzählige Akteure mitwirken, wobei das so genannte „Renin-Angiotensin-Aldosteron-System“ (kurz RAAS) die Hauptrolle spielt. Dieser Prozess ist grundlegend für die langfristige Kontrolle des Blutdrucks.
Wenn der Blutdruck zu niedrig wird, „schneidet“ ein Protein namens Renin – es wird von Nierenzellen ausgeschüttet – ein Fragment von einem größeren Protein ab, das von der Leber produziert wird: das Angiotensinogen. Das Fragment, Angiotensin I genannt, zirkuliert im Blutkreislauf und trifft auf ein neues Protein namens ACE, das hauptsächlich in der Lunge produziert wird. Ähnlich wie das Renin „spaltet“ ACE das Angiotensin I und wandelt es in Angiotensin II um. Nun erreicht Angiotensin II die Nebennieren und regt dort durch die Bindung an seinen Rezeptor die Produktion von Aldosteron an – wie ein Schlüssel, der in das richtige Schloss passt. Dieses aus Cholesterin gewonnene Hormon veranlasst unseren Körper, Natrium und damit Wasser zurückzuhalten – und erhöht so letztlich den Blutdruck.

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Bei Menschen mit Bluthochdruck ist dieser Prozess auf verschiedenen Ebenen gestört. Die meisten Medikamente gegen Bluthochdruck greifen genau in diese Kette ein. Zwei Beispiele: Die ACE-Hemmer verhindern, dass das ACE-Protein Angiotensin I abschneidet; Sartane verhindern, dass Angiotensin II sich an seinen Rezeptor bindet, und hemmen so die Aldosteronproduktion in den Nebennieren.

In der HyperProfile-Studie untersuchen Foco und ihr Team für jedes Profil der CHRIS-Teilnehmenden sechs Biomarker, die anzeigen, wie der Prozess funktioniert. Diese biologischen Indikatoren zeigen beispielsweise an, wie aktiv Renin und ACE sind und wie die Nebenniere funktioniert. 800 Profile wurden bereits im Detail analysiert.
„Es hat sich bestätigt, dass Medikamente wirken, aber auch, dass sie nicht immer wirksam sind. Wir beobachten zum Beispiel in einigen Fällen, dass Menschen, die Sartane einnehmen, eine viel höhere Nebennierenaktivität haben, als man erwarten würde“, erklärt Foco. „Das könnte darauf hindeuten, dass der Bluthochdruck die Folge einer anderen Krankheit ist, nämlich des primären Aldosteronismus, und in diesem Fall könnte der Blutdruck einfach durch eine veränderte Medikation unter Kontrolle gebracht werden.“
Die untersuchten Marker könnten bei der Wahl der besten Therapie helfen. Nun folgen genetische Untersuchungen, um zu verstehen, welche Gene mit Proteinen verbunden sind, die an der Funktion des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems beteiligt sind.

Die HyperProfile-Studie


Forschungspartner sind neben dem Institut für Biomedizin von Eurac Research das Krankenhaus Schlanders, die Universität Glasgow und das französische Forschungsinstitut Inserm. Die Studie wird mit Mitteln aus dem Landesgesetz Nummer 14 der Autonomen Provinz Bozen finanziert.

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