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Für bessere Wasserversorgung: Forscherteam vermisst Gletscher in Zentralasien

Zu Sowjetzeiten führten Forschungseinrichtungen noch regelmäßig Gletschermessungen in Zentralasien durch, die jedoch nach dem Zerfall der Sowjetunion unterbrochen wurden. Erst seit etwa zehn Jahren haben Forscher wieder damit begonnen, sich mit den Veränderungen der Gletscher in Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan zu befassen. Nun trägt auch ein Forscherteam von Eurac Research und der Universität Innsbruck dazu bei, die Lücke der letzten Jahre zu schließen und sammelt Daten zum Wasserabfluss und zu den saisonalen Veränderungen der Gletscher.

Die Verfügbarkeit von Trinkwasserressourcen wird in Zentralasien in Zukunft zunehmend vom Rückzug der Gletscher betroffen sein. „Der geringe Niederschlag dort erfolgt vor allem im Winter und im Frühjahr, während die Sommermonate sehr trocken sind“, erklärt Martina Barandun, Glaziologin von Eurac Research. „Weil die Gletscher schmelzen, fließt derzeit noch viel Wasser ab, Forscher rechnen aber damit, dass das Schmelzwasser bereits in 10 bis 15 Jahren rückläufig sein wird.“ Das könnte in Zentralasien zum Problem werden und zu Trockenperioden führen: zum einen, weil die Gletscher dort als vorwiegende Trinkwasserquelle gelten, zum anderen, weil das Schmelzwasser vor allem im Sommer für die Bewässerung der riesigen landwirtschaftlichen Flächen im Flachland verwendet wird. Erschwerend kommt dazu, dass vorwiegend Reis und Baumwolle angebaut werden, beides Pflanzen, die einen hohen Wasserbedarf haben.

Der Golubin in Kirgistan gehört zu den regelmäßig vermessenen Gletscher© https://fard.research.vub.be

Die Daten zu den Gletscherveränderungen sammeln die Forscher anhand von täglich aufgenommenen Satellitenbildern der letzten 20 Jahre. Darauf beobachten sie die Schneelinien der Gletscher, die anzeigen, wo der Gletscher schneebedeckt ist und wo bereits Eis an der Oberfläche hervortritt. Mit den Schneeliniendaten und meteorologischen Beobachtungen lässt sich ein sogenanntes Massenbilanzmodell erstellen, das simuliert, wie sich – unter Berücksichtigung der täglichen Niederschlags- und Temperaturwerte – die Gletschermasse verändert und somit, wie der Gletscher auf das Klima reagiert. Um das so präzise wie möglich abschätzen zu können, lassen die Forscher noch andere Daten in das Massenbilanzmodell einfließen: zum einen klassische glaziologische Messungen, bei denen man vor Ort an verschiedenen Punkten und in regelmäßigen Zeitlabständen misst, wie sich der Gletscher verändert. Zum anderen sogenannte geodätische Messungen, die auf Satellitenbildern beruhen, mit denen Höhenmodelle erstellt werden. „Kombiniert man all diese Daten können wir täglich zurückverfolgen, wo der Gletscher an Masse verliert und wieviel Schmelzwasser in die Flüsse abfließt“, so Barandun.

Das Forscherteam arbeitet außerdem an einem Tool, das die Beziehung zwischen Massenbilanz und Schneelinie erstellt – so lassen sich einzelne Gletscher und Einzugsgebiete einfach und aus der Distanz überwachen. Es soll den staatlichen meteorologischen Diensten von Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan zur Verfügung gestellt werden und politische Entscheidungsträger dabei unterstützen, ihr Wassermanagement vorausschauend zu planen und so besser mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen.

Seit Jahren beschäftigt sich das Institut für Erdbeobachtung mit Schneeveränderungen in den Alpen, nun wenden die Forscher die dabei erarbeiteten methodischen Fortschritte in Zentralasien an.

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