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Eventtourismus – Sind Events ein tragfähiges Instrument der touristischen Entwicklung Südtirols?

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Eventtourismus – Sind Events ein tragfähiges Instrument der touristischen Entwicklung Südtirols?
Eventtourismus – Sind Events ein tragfähiges Instrument der touristischen Entwicklung Südtirols? - © Unsplash

Jedes Jahr finden in Südtirol zahlreiche Events mit unterschiedlichen Formaten sowie unterschiedlichen Themen und inhaltlichen Schwerpunkten statt, die unterschiedliche Zielgruppen (Einwohner und Gäste) ansprechen und unterschiedliche Täler, Orte und Plätze in Bühnen verwandeln. Dabei handelt es sich um Großveranstaltungen mit internationaler Strahlkraft und genauso um Klein- und Kleinst-Veranstaltungen, die unter Umständen sogar den Einheimischen selbst nicht bekannt sind. Aufgrund der Anzahl und Vielfalt drängt sich die Frage auf, wieviel für ein Land wie Südtirol genug ist und wie diese Events zur Kernkompetenz des Landes, zum sogenannten „Südtirol-Gen“, stehen.

Von Groß- und Kleinst-Veranstaltungen
Grundsätzlich lassen sich drei Typen von Veranstaltungen unterscheiden, die Attraktivitätspotential für Gäste haben und als Anziehungspunkte unterschiedlich wirken: Events als Treiber beeinflussen die Entscheidung des Gastes für den Besuch der Destination und lösen die Reiseentscheidung aus, so z.B. die Big Five der Weihnachtsmärkte in Südtirol oder das Meraner Weinfestival mit mittlerweile über 500 nationalen und internationalen Weinbetrieben. Die zum zweiten Eventtypus zählenden Events beeinflussen zwar nicht die Reiseentscheidung des Gastes, diese Events sind ihm aber bekannt und er informiert sich darüber vor seiner Reise, so z.B. die Meraner Musikwochen. Und schließlich sind es die unbekannten Events, die dem Gast vor seinem Besuch nicht bekannt sind, die er aber vor Ort wahrnimmt, sich während der Reise darüber informiert und die schließlich Begeisterung auslösen. Dazu zählen in Südtirol eine große Menge an Klein- und Kleinst-Veranstaltungen, wie z.B. die Vahrner Weise, die den Weißwein zum Thema macht oder das Event Marmor & Marille in Schlanders und Laas, das Kultur und Kulinarik verbindet sowie auch die Veranstaltung Taller & Tuba in Marling, bei welcher Kulinarik und Musik den Marlinger Kirchplatz für zwei Tage zum örtlichen Hotspot verwandeln. Die Palette an Veranstaltungen erstreckt sich aber auch über die Themen Musik, Sport, Tradition und Kunst.

Erfolgsfaktoren von Events
Ein genauerer Blick auf einzelne Veranstaltungen und deren Themen zeigt ihre Orientierung am Südtirol-Gen. „Orientierung am Südtirol-Gen“ heißt dabei, dass die alpin-mediterrane Natur und Kultur, die Kreativität, die Gastfreundschaft, der Pioniergeist und die Bergkompetenz (vgl. Demetz, Manuel (2014): Regionales Innovationssystem Südtirol – Gibt es das „Südtirol-Gen“?) als Elemente der Kernkompetenz Südtirols in der Gestaltung des Eventangebotes eine Rolle spielen. Hinterfragt man den Erfolg und die Kontinuität in der Attraktivität dieser Veranstaltungen, so zeigt sich, dass die Verortung des Events bzw. das Anknüpfen an die Destination ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Dadurch entsteht eine für den Ort „maßgeschneiderte“ Veranstaltung, bei welcher die örtliche Landschaft, die Gastronomie, die Tradition und Kultur eine Rolle spielen und darüber auch Unterscheidungsmerkmale geschaffen werden. Events können als Schaufenster der Destination fungieren und dann erfolgreich sein, wenn der Gast spürt, dass sie nicht für ihn inszeniert sind, sondern dass sich die lokale Bevölkerung damit auch identifiziert. Die so geschaffenen Erlebnisse vermitteln Authentizität und Glaubwürdigkeit.

Erfolgsentscheidend ist aber auch ein Verständnis des gesellschaftlichen Wandels, um veränderte Erwartungen und Bedürfnisse in die Eventgestaltung mit aufzunehmen. Die Weihnachtsmärkte waren sicherlich eine zentrale Innovation der letzten Jahrzehnte mit bedeutendem touristischen Potential, doch stellt sich nun die Frage, wie sie sich in den nächsten Jahren entwickeln müssen, um attraktiv zu bleiben.

Veranstaltungen müssen Erlebnisse ermöglichen und auch im Sportbereich zeigt sich, dass das Sportereignis alleine nicht mehr ausreicht. Die Zuschauer erwarten sich Unterhaltung und Dienstleistungen, die darüber hinausgehen und suchen Events im Event, z.B. Rahmenprogramme in Form von Musikveranstaltungen. Um ein anderes Beispiel für das veränderte gesellschaftliche Konsumverhalten zu nennen, kann auf die Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts der Handelskammer Bozen verwiesen werden. Sie zeigt auf, welche Rolle Online-Medien in der Berichterstattung des DFB-Trainingslagers in Südtirol gespielt haben: 38.795 mal wurde Südtirol in redaktionellen Online-Beiträgen genannt und 6.500 mal wurde das Trainingslager in sozialen Medien wie Twitter und Blogs diskutiert (Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen, 2014). Dieses „virtuelle“ Potential eines Events, dessen Viralität, ist zukünftig ein wichtiger strategischer Erfolgsfaktor.

Es gilt Veränderungen zu verstehen und sie in der Folge auch zuzulassen. So wie kein Geschäftsmodell für die Ewigkeit sein kann, haben auch Veranstaltungen einen Lebenszyklus, der bedacht werden sollte. Nach acht Jahren Kürbisfest in Bozen wird dieses Event z.B. seit 2009 nicht mehr ausgetragen, nicht zuletzt womöglich auch deshalb, weil erkannt wurde, dass Südtirol doch nicht ganz die Kürbisanbauregion ist, wie dies z.B. die Steiermark ist.

Aber sind diese Events auch ein tragfähiges Instrument der touristischen Entwicklung?
Events haben das Potential neben den Einheimischen auch Gäste anzuziehen und ein internationales Publikum anzusprechen. Sie können neue Gäste aus alten und neuen Märkten nach Südtirol bringen, die Marke Südtirol in neue Märkte tragen und den Bekanntheitsgrad einer Destination steigern. Im Oktober 2014 fand „New York City’s First Merano Wine Festival“ in Manhattan statt. Events können zur Verlängerung der Saison beitragen, man denke an die Weihnachtsmärkte. Hierfür bedarf es allerdings der Kooperation zwischen Veranstaltungsorganisatoren, der Hotellerie und Gastronomie, ihren Verbänden und den Tourismusorganisationen. Diese Kooperation ist ausbaufähig, so z.B. in der Fokussierung der gemeinsamen thematischen Schwerpunkte, die eine kooperative Produktentwicklung ermöglichen sowie auch in der Kommunikation. Es geht darum, über Kooperation, Qualität, Innovation und Kommunikation das Gemeinsame im Blick zu haben und die Region Südtirol als Tourismusdestination weiterzuentwickeln.

Gute Events können hierzu ihren Beitrag leisten: Sie können zur Optimierung der Auslastung beitragen und die Erlebnisqualität des Aufenthalts steigern. Dafür benötigt das Land alle drei Typen von Veranstaltungen. Die Großveranstaltungen, die international ausstrahlen sind sicherlich die Leitevents und Zugpferde, doch sind es insbesondere die Klein- und Kleinst-Veranstaltungen, die den Sinn der Großveranstaltungen kommunizieren und zu deren Legitimation und nicht zuletzt zu deren Erfolg beitragen. Seien es die Eisacktaler Kastanienwochen, das Gassltörggelen in Klausen, die Tauferer Straßenküche, die Lorenzinacht in Bozen, das Marteller Erdbeerfest oder die Knödelwochen und Weinfeste, die Land auf Land ab stattfinden, sie alle sind dem Gast vermutlich nicht bekannt, werden aufgrund von Empfehlungen der Hoteliers und Tourismusorganisationen aber besucht und lösen bei den Gästen Begeisterung aus. Sie kommunizieren die Themen Kultur, Kulinarik, Tradition, Musik, Wein und damit den Lebensraum Südtirol und seine Alltagskultur auf eine spielerische und unterhalterische Art und Weise, die die Zufriedenheit des Gastes beeinflusst.

Autor: Elisa Innerhofer und Harald Pechlaner (Vortrag HGJ Tagung EURAC 2014)

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Citation

https://doi.org/10.57708/b22008535
Innerhofer, E. Eventtourismus – Sind Events ein tragfähiges Instrument der touristischen Entwicklung Südtirols? https://doi.org/10.57708/B22008535

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