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Wie kann das Ernährungssystem für Südtirol nachhaltiger gestaltet werden?

Lösungen für eine regionale und ökologische Nahrungsmittelversorgung

by Laura Defranceschi

Wie der gesamte Kreislauf der Erzeugnisse in Südtirol – von der Landwirtschaft über die Verarbeitung und Logistik bis in die Gastronomie – nachhaltiger gestaltet werden kann, erforscht das Projekt NEST – Gestaltung eines nachhaltigen Ernährungssystems in Südtirol, eine vom Land geförderte Initiative, die von Eurac Research koordiniert wird und deren erste Phase beendet ist.

Der Speckknödel steht stellvertretend für regionale Südtiroler Kost. Aber woher kommt das Getreide, aus dem das Brot für den Knödel hergestellt wird? Und stammt der Speck von Südtiroler Schweinen? Doch bedeutet „regional“ alleine nicht zwangsläufig auch „nachhaltiger“, wie Christian Hoffmann und Thomas Streifeneder, Regionalentwicklungsexperten von Eurac Research, erklären. Sie betonen, wie wichtig eine gesamtheitliche Sicht ist. „Ein Produkt aus Südtirol beispielsweise, das lange gekühlt gelagert wird, kann eine schlechtere Ökobilanz haben als ein frisch geerntetes Produkt, das von weit her nach Südtirol transportiert wird. Die Nachhaltigkeit der Bilanz würde aber wiederum kippen, wenn Arbeitende in der Erzeugerregion nicht leistungsgerecht entlohnt werden“, so Thomas Streifeneder, Leiter des Instituts für Regionalentwicklung von Eurac Research. Will man die Nachhaltigkeit eines Ernährungssystems beurteilen, geht es also nicht nur um den CO2-Fußabdruck, sondern auch um andere ökologische, sowie um soziale und ökonomische Gesichtspunkte. Alle diese Faktoren beleuchtet das Forschungsteam deshalb im Projekt NEST für Südtirol.

Ein Produkt aus Südtirol, das lange gekühlt gelagert wird, kann eine schlechtere Ökobilanz haben als ein frisch geerntetes Produkt, das von weit her nach Südtirol transportiert wird.

Thomas Streifeneder, Eurac Research

Eine wichtige Frage dabei: Wie weit ist Südtirol bei seiner eigenen Versorgung oder anders gefragt, welche Lebensmittel decken wir mit eigener Produktion in welchem Umfang bei einer ausgewogenen Ernährung ab? Denn auch das ist ein Kriterium für Nachhaltigkeit. Wie der erste Projektbericht nachzeichnet, ist besonders auffallend, wie wenig Getreide und Geflügelfleisch in Südtirol produziert wird: Die aktuelle Geflügelfleischproduktion deckt weniger als 0,5 Prozent des empfohlenen Bedarfs. Bei der Getreideproduktion sind es weniger als zwei Prozent des Bedarfs, die gedeckt werden. „Angebaut wird Getreide in Südtirol auf einer Fläche von nur 221 Hektar. Dabei war Südtirol früher einmal ein bekanntes Anbaugebiet für Getreide“, so Christian Hoffmann. „Potenzielle landwirtschaftliche Nutzflächen mit Neigungen unter 20 Prozent, die für den Getreideanbau geeignet wären, werden heute jedoch für Weide- und Grünlandflächen und vor allem für den Obstanbau in den Tallagen im Vinschgau, Etschtal und Unterland verwendet.“ Die dort auf 18.033 Hektar intensiv kultivierten Äpfel gehören zu den wichtigsten Exportprodukten Südtirols. Ausgangspunkt des Projekts NEST ist die Nachhaltigkeitsstrategie der Südtiroler Landesregierung. Darin wird eine krisenfeste Versorgung mit gesunden Lebensmitteln und eine nachhaltige und resiliente Landwirtschaft mit einer nachhaltigen Flächenbewirtschaftung zum Ziel erklärt.

In den nächsten Schritten des Projekts werden Befragungen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung und Logistik durchgeführt. Darauf aufbauend werden Lösungen und Handlungsempfehlungen dazu erarbeitet, wie eine nachhaltige Lieferkette in Südtirol umgesetzt werden kann.

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Ergebnisse aus der ersten Phase von NEST

Dier Ergebnisse aus der ersten Phase des Projekts NEST wurden am 23. Juni 2023 vorgestellt. Sie sind im Flyer (Download unten) zusammengefasst.

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