83 %

der Holzauszeige 2022 war wetterbedingt

Schadholz durch Naturgefahrenereignisse

FolgenFolgen

Der Schadholzanteil infolge der zunehmenden wetter- und klimabedingten Extremereignisse wird bei der jährlichen Auswahl der zu fällenden Bäume (Holzauszeige) bestimmt. Unter "Schadholz" fallen Bäume, die durch Schneedruck, Dürre, Stürme, Waldbrand und biotische Schäden entnommen werden müssen. Da der Klimawandel in Zukunft zu mehr Naturgefahren-Ereignissen führen kann, wird in Zukunft möglicherweise noch mehr Schadholz anfallen.

  • Deutsch
  • English
  • Italiano

.

Klimawandel Monitoringby

Hintergrundinformationen

Holzschlägerungen im Wald sind ohne Bewilligung nicht zulässig. Daher werden mit der Holzauszeige die zu fällenden Bäume nach forstökologischen und forstökonomischen Kriterien ausgewählt. Alle Fällungen in Gemeinde- und Agrargemeinschaftswäldern, in Schutz- und Bannwäldern sind bewilligungspflichtig. Schneedruck, Trockenperioden (Dürrlinge), Stürme (Windwurf), Waldbrand und der Befall von Schädlingen schädigen die Bäume, so dass sie zum Fällen freigegeben werden.

Es wird erwartet, dass sich extreme Wetter- und Klimaereignisse durch den Klimawandel in ihrer Frequenz und Stärke verändern (1). Neben den akuten Naturgefahren durch den Klimawandel (Kalamitätsnutzungen) führen die unterlassenen waldbaulichen Maßnahmen zur Anpassung dazu, dass vermehrt Schadholz entsteht.

 

Beschreibung der Ergebnisse

Die Zunahme von wetter- und klimabedingtem Schadholz stellt statistisch bisher noch keinen signifikanten Trend dar. Die Entstehung von Schadholz war in den letzten Jahren stark von wetterbedingten Großereignissen geprägt. In der Statistik der Holzauszeige erscheinen diese jeweils im darauffolgenden Jahr.

Stürme des jeweiligen Vorjahres zeichnen sich in den Daten der einzelnen Jahre deutlich ab. Im Jahr 2000 (Sturm Lothar von 1999) und im Jahr 2003 (ein stärkerer Sturm aus Norditalien von 2002) verursachten Extremwetterereignissen vorwiegend in den Forststationen Welschnofen, Brixen, Mühlbach, Welsberg, Deutschnofen und Kaltenbrunn Schäden (2). Nach dem Sturm und Windwurf von Vaia im Jahr 2018 stieg die Auszeige von Windwurfholz in den Folgejahren 2019 und 2020 stark an. In Südtirol waren 5.918 Hektar Wald betroffen, das sind 1.7 % der Gesamtwaldfläche. Die hier angefallene Schadholzmenge entspricht beinahe dem dreifachen Jahreshiebsatz (3). Nach Schneedruckereignissen blieb eine große Menge an Schadholz im Wald liegen. Im Jahr 2020 begann die Borkenkäfergradation, zuerst befielen sie das liegende Holz. Ab Juni 2021 vermehrten sich die Fichtenborkenkäfer stark durch eine Wärmewelle und es kam zu auffälligem Befall von stehendem Holz. Im Jahr 2022 hatten die Borkenkäfer aufgrund eines niederschlagsarmen Frühjahres und eines besonders trockenen und heißen Sommers eine hohe Vermehrungsrate (4). 2022 erfolgten 83 % der Holzauszeige nach wetterbedingten Kriterien.

Schneedruck tritt dabei in den Datenaufzeichnungen relativ unregelmäßig auf. Die Menge an Schneedruckschäden ist schwierig zu bestimmen, weil die Schäden sehr lokal auftreten und immer nur dezentral kleine Mengen anfallen. Im steilen und unwegsamen Gelände werden diese Schadflächen nicht bearbeitet. Die Stämme bleiben liegen und sind damit Eintrittspforten für Schadinsekten, vor allem für den Borkenkäfer bei der Fichte. Vom Schneedruck besonders betroffen war der November 2019, als drei Tiefdruckgebiete aus dem Mittelmeer über Südtirol viel Niederschlag – überwiegend in Form von Schnee (ca. 1,5 m) – verursacht haben. Dadurch ist eine Schadholzmenge von 900.000 Vorratsfestmetern entstanden, was dem 1,4-fachen des jährlichen Hiebsatzes für Südtirol entspricht. Vor allem die Forstinspektorate Welsberg, Bruneck und Brixen waren davon betroffen (3). Fehlende Durchforstungseingriffe zur Pflege und Stabilisierung der Wälder haben das Schadausmaß von Schneedruckereignissen begünstigt. Vaia und die Schneedruckereignisse sind sehr zeitnah aufgetreten, wodurch es zu einer Verstärkung der Schadholzkrise im Forst gekommen ist.

Dürre schwächt die Bäume und kann zu Schäden wie dem Phänomen des Dürrlings führen. Dürrlinge sind geschwächte Bäume, die unter Wassermangel nach Hitzeperioden leiden. Sie haben nur noch kleine, durchscheinende oder zum Teil welke oder fehlende Blätter. Ferner fördert der Niederschlagsmangel die Waldbrandgefahr und die biotischen Schäden durch Schaderreger. Die Windwurf- und Schneedruckschäden boten zudem optimale Brutstätten für Schadinsekten, insbesondere dem Borkenkäfer. Daher ist davon auszugehen, dass sich in Zukunft der Anteil an biotischen Schäden gegenüber deren bisher geringem Ausmaß in der Datenaufzeichnung stark erhöhen wird.

Anderer Stressfaktoren für die Umwelt, wie etwa die Luftverschmutzung, schwächen die Baumbestände und machen sie anfälliger für Schadinsekten und Pilzbefall, vor allem wenn die Belastung über einen längeren Zeitraum anhält (5). Um die Wälder widerstandsfähig zu halten, ist es grundlegend, den Wald standortgerecht zu bewirtschaften. Daher ist es wichtig, naturnahe Waldbestände zu fördern, die sich aus ungleichaltrigen und vertikal wie horizontal gut strukturieren Mischbeständen mit standortgerechten Baumarten zusammensetzen und die weitestgehend der potentiellen natürlichen Vegetation entsprechen. Die Sekundären Nadelwälder, die aus ökonomischen Gründen als wenig strukturierte, gleichaltrige und oft mit nicht standortangepasste Nadelbaumbeständen entwickelt wurden, sind in der Regel die am meisten gefährdeten Bestände.

Die globale Erwärmung erhöht den Kohlenstoffeintrag in den Waldböden, weil Wachstum und Umsatz der Feinwurzeln beschleunigt werden. Das wäre positiv und würde den Prozess abmildern bzw. teilweise kompensieren, weil dadurch der Kohlenstoffverlust des Bodens durch gesteigerte mikrobielle Atmung teilweise kompensiert bzw. abgefedert werden könnte. Mit ansteigenden Temperaturen im Waldboden besteht dennoch ein erhöhtes Risiko, dass der Wald seine Funktion als Kohlenstoffsenke verliert und zu einer Kohlenstoffquelle wird (6).

Methode

Das Forstgesetz in Italien ist ein Bodenschutzgesetz (DECRETO LEGISLATIVO 3 Aprile 2018, N. 34). Damit hat der gesamte Wald in Italien einen Schutzwaldcharakter. Um Bäume schlägern oder fällen zu können, werden mittels Lokalaugenschein Bäume für die Schlägerung durch Markierung freigegeben und im Auszeigeprotokoll dokumentiert. Das hat den Vorteil, dass die Holzauszeige der zu fällenden Bäume im Bestand nach waldbaulichen und waldökologischen Kriterien professionell durchgeführt wird.

Die Holzauszeige zeigt das Jahr der Aufarbeitung des Holzes und nicht das Jahr in dem der Schaden verursacht wurde. Sie wird in Vorratsfestmetern erfasst, wobei ein Auszeigeprotokoll ausgefüllt wird, das im Anschluss in ein EDV-System zur Erstellung der Forststatistik erfasst wird.

Betroffene Sektoren

  • Forstwirtschaft

  • Siedlungen

  • Verkehrsinfrastrukturen

 

Vergleich

Schadholz durch Windwurf, Schneedruck, Lawinen und Muren nimmt in Tirol in Österreich erkennbar zu (Schadholzmenge im Tiroler Wald, 2003 bis 2020). Was die Schadholzmenge durch Schneedruck betrifft, stechen die Jahre 2012 und 2019 besonders stark hervor, während bei Windwurf die Jahre 2015 und 2018 auffällig sind. In ganz Österreichist ein Anstieg der Schadholzmengen durch biotische Schäden (v.a. Borkenkäfer), Sturm (Windwurf) und Schneedruck erkennbar (7). Was die Schadholzmenge durch Windwurf angeht, waren die Jahre 2007 und 2008 aufgrund mehrerer Sturmgroßereignisse besonders stark betroffen. In der Folge nahmen die Kalamitätsnutzungen von Käferholz entsprechend zu.

Verwandte Indikatoren

Moderate Trockenheit

im Sommer 2022 nach SPEI-6

Trockenheit

+ 90 mm

mehr Starkniederschlag im Jahr seit 1980 

Starkniederschläge

6,5 % weniger

Schneebedeckung unterhalb von 1000 Höhenmetern in Südtirol seit 2002

Schneebedeckung

31.445 Blitze

im Jahr 2022

Anzahl der Blitze

Weiterführende Forschung an der Eurac

Quellenverzeichnis

1.     European Environmental Agency. 2017: Trends and projections in Europe 2017Tracking progress towards Europe's climate and energy targets.- EEA ReportNo 17

2.     Autonome Provinz Bozen – Südtirol, 2004: Agrar- und Forstbericht 2003. Ressort Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus und Bevölkerungsschutz

3.     Autonome Provinz Bozen – Südtirol, 2020: Agrar- und Forstbericht 2019. Ressort Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus und Bevölkerungsschutz.

4. Autonome Provinz Bozen – Südtirol, 2022: Agrar- und Forstbericht 2022. Ressort Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus und Bevölkerungsschutz.

5.     Zebisch M., Vaccaro R., Niedrist G., Schneiderbauer S., Streifeneder T., Weiß M. L., Troi A., Renner K., Pedoth L., Baumgartner B., Bergonzi V., 2018: Klimareport – Südtirol 2018, Bozen, Italien: Eurac Research

6. Reichstein, M., Bahn, M., Ciais, P. et al., 2013: Climate extremes and the carbon cycle. Nature 500, 287–295. https://doi.org/10.1038/nature12350

7.     Ebner, G., 2020: Schadholzbilanz in Mitteleuropa (Trends, Folgen für Waldbesitzer und Abnehmer).- „Holzmärkte im Umbruch“, Forstökonomische Tagung 2020/Webinar.

Kontakt

Eurac Research: Christian Hoffmann, Institut für Regionalentwicklung

Daten bereit gestellt von: Amt für Forstplanung, Autonome Provinz Bozen